(This post is gonna be in German.)
Eine lustige Geschichte zwingt mich, etwas länger wach zu bleiben.
Dies ist ein Blog-Post. Die Verfasserin ist mit einem Informatik-Schulbuch unglücklich, was weitgehend verständlich ist. Die Art, auf die sie dies äußert, ist es leider nicht.
Kurzgefasst scheint das wesentliche Problem zu sein, dass das Buch ziemlich alt ist und die Schule sich nicht darum gekümmert hat, neuere Lehrmaterialien zu besorgen. Folglich geht es im Buch um ein „A:”-Laufwerk, um PPP-Verbindungen, um Audio-CDs, um Objektorientierung (dies ist zugegebenermaßen ein Henne-Ei-Problem, und intuitiv ist Objektorientierung leider nicht immer) und darum, dass man sich im Internet mit Klarnamen vorzustellen hat (was je nach Subkultur okay oder nicht okay sein mag, aber die Art, es zu vermitteln, arg zweifelhaft ist). Wäre es dabei geblieben, gäbe es diesen Post nicht.
Allerdings geht die Verfasserin weiter und interpretiert das Geschriebene teilweise auf interessante Art und Weise. Zum Beispiel lesen wir: „Eine E-Mail wird im Allgemeinen innerhalb von Minuten übermittelt” und im Post „[…] brauchen E-Mail mehrere Minuten”. Das nennt sich Verwechseln des Perzentils mit dem Erwartungswert und ist Ketzerei. Ihr gefällt auch die Aussage „Ab 100 Folien pro Minute ist es ein Film” nicht, was ich dann auch nicht besonders gut nachvollziehen kann.
Teilweise ist es verständlich: Wenn man etwas generell (nicht) mag, sucht man Begründungen, und diese können sich auf Fakten basieren oder herrationalisiert werden. Passiert. Mir auch. Nicht immer verzeihbar, aber sei’s drum.
Am interessantesten ist die folgende Passage:
Und überhaupt: Wer braucht bitte ein Buch in der Informatik? Also: Ein Schulbuch? Gibt’s das denn im Sportunterricht? Oder in Kunst? Achso, an den Computer können die Kinder ja nicht gehen, gibt ja so wenige? Und da sind dann immer alle unruhig? Und der Lehrer kennt sich da auch nicht soo gut aus? Unterricht muss quasi mit dem Schulbuch stattfinden, weil es nicht anders geht – oder – wie?
Der Vergleich ist sogar besser, als die Autorin sich das gedacht hat. Gerade Sport. Ja, ausgerechnet Sport. Es gibt sehr, sehr viele Dinge, die man im Sportunterricht lieber in geschriebener Form übermitteln sollte. Aerobe/anaerobe Prozesse, Anatomie, Trainingstechniken, Sicherheit… Natürlich sollte man auch praktische Erfahrungen sammeln. Aber es gibt Grundlagen, und Grundlagen in konzentrierter Form kann und soll man lesen. Es gibt schon genug Menschen, deren Probleme dann gelöst werden würden, wenn sie sich die Mühe machen würden, die Anleitung zu lesen.
Dazu kommt ein ideologischer Aspekt. Lernen anhand von praktischer Erfahrung ist gut. Den Lernprozess nur an praktische Erfahrung und digitale offene Werkstätten zu binden führt zu Lehr- und Lernprozessen, die unformalisierbar, unmessbar und nicht als Ziel formulierbar sind. Ich habe ein inhärentes Problem damit, Bildung und Ergebnisse der Bildung direkt von Anfang an als unmessbar zu deklarieren.
Es ist etwas erschreckend, zu lesen, dass die Autorin an didaktischen Projekten beteiligt ist. Eine (falsche) Dichotomie Buch vs. praktische Erfahrung zu konstruieren, hallo, geht’s noch?